Lieber Verein, liebe TultraS, liebe Partner, liebe Fans,

ich mache mit diesem Brief offiziell, dass ich den Posten als Trainer von Team #1 und die Leitung des Projekts „Unser TuS“ zum Saisonende abgeben werde.

Als ich vor fast drei Jahren zurück in meinen Heimatverein kam, wollten wir gemeinsam eigentlich „nur“ die erste Mannschaft vor dem Abstieg retten. Es gelang uns mit einer kleinen Hauruckaktion. Danach änderte sich einiges. Das Projekt „Unser TuS“ wurde geboren. Der Verein wurde lauter, bunter, einheitlicher. Er bekam Öffentlichkeit, Geld, aber auch Neider. Der Druck stieg. Und wir behielten meistens die Nerven. Die kleinen Tiefpunkte, die zu jedem Projekt gehören, meisterten wir als Team.

Mein persönliches Ziel war es, Euch und all meinen Mitstreitern der letzten Jahre zu zeigen, welches Potenzial im Volleyball liegt, wenn man es freilegt und geschickt präsentiert. Dazu gehören ein grundlegendes Konzept, attraktive Menschen, die gut Volleyball spielen können, die richtige Art, Menschen und Vereine anzusprechen, sowie ein starkes Netzwerk. Mit den Aufstiegen und der langen Siegesserie haben wir sportlichen Erfolg erlebt und für Aufsehen gesorgt. Mit unserem wachsenden Netzwerk, den besseren finanziellen Möglichkeiten und der durch die TultraS entfachten fulminanten Stimmung in der Halle erschufen wir etwas Einzigartiges im Westdeutschen Volleyball-Verband. Die öffentliche Wahrnehmung unseres Projekts, die via Klickzahlen bei Facebook, unserer regionalen und überregionalen Presseartikel, aber vor allem auch dem Beitrag im Volleyball Magazin deutlich wird, ist wunderbar. Dabei war dies keinesfalls Zufall. Es war vorprogrammiert, weil wir geschickt geplant haben.

Wir haben ein Projekt-Team geschaffen: Mit Peter Hempel, Nadine Waterhoff, Sandra Kowallek, Miriam Siemer, den TultraS und vielen weiteren Mitgliedern haben wir zusammen eine Marke geschaffen, viele Menschen in AGs organisiert und den Verein revitalisiert. Frank Rosin ist da der Impulsgeber, ohne den ich dieses Projekt niemals so intensiv angegangen wäre. Das Vertrauen dieses Profis in meine Vision war ausschlaggebend und Ausgangspunkt für etwas Besonderes. Er gab mir Vertrauen, Ideen, und er kritisierte auch meine Arbeit. Durch ihn bin ich gewachsen – und durch mich ist dann auch der Verein gewachsen. Wir müssen ihm und allen Partnern sehr dankbar sein! Ich bin es auf jeden Fall sehr!

Unsere Heimspiele sind Events, die nicht nur den Zuschauern, sondern auch den Akteuren selbst Spaß machen. Wir bewegen und unterstützen fremde Vereine. Wir inspirieren und ermutigen den Verband. Und wir machen unsere Heimatstadt stolz auf die Menschen, die sie ausmachen. Wir sind nicht egoistisch, sondern sozial. Wir wollen Vorbild sein. Und wir sind es.

Ich habe meine Arbeit hier in unserem TuS immer als Arbeit in einem Modellprojekt gesehen und beschrieben. Wir wollten Faktoren herausfinden, die diese Art von Erfolg ermöglichen. Nun haben wir eine Liste an Faktoren, Tipps und Fallstricken die man sogar auf der Website einsehen kann. Wohin soll die Reise also gehen? Die Reise soll weitergehen. Aber das Personal wird sich verändern müssen. Der Vorstand vom TuS wurde dieses Jahr frisch gewählt, somit wird er nächstes und übernächstes Jahr auch noch aktiv sein. Und das ist gut so. Optimale Voraussetzungen, um einen kleinen Umbruch zu gestalten. Denn: Ich werde zum Ende der Saison von beiden leitenden Positionen zurücktreten. Ich werde nicht mehr das Training von Team #1 leiten. Und ich werde das Projekt „Unser TuS“, das ich mit viel Liebe ins Leben gerufen habe, ebenfalls nicht mehr leiten. Beide Aufgaben sollen von Leuten aus dem jetzigen Projekt übernommen werden. Wir haben dafür bereits erste Gespräche geführt. Es sieht gut aus.

Es liegen viele Gründe vor, die mich zu dieser Entscheidung geführt haben.

  • Ich habe alle sportlichen Ziele, die ich zu Beginn hatte oder während der Projektlaufzeit entwickelt habe, erreicht. Wir hatten Aufstiege, etwa zehnmal mehr Siege als Niederlagen, viele unfassbar schöne sportliche Momente, der Verein ist finanziell hervorragend aufgestellt, alle Teams haben von dem Erfolg profitiert und der Verein hat lernen können, wie man eine Marke baut und verkauft. Spätestens der Erfolg gegen Telstar Bochum an meinem Geburtstag war mein persönlicher Höhepunkt. Danach war für mich klar, dass ich in Herten nicht mehr erreichen möchte. Es war für mich die Perfektion an Genuss im Breitensport! All diese begeisterten und wertschätzenden Menschen – phantastisch! Vielen Dank nochmal an alle für den tollen Abend in der Halle!
  • Ich habe an der Uni einen neuen Job. Nach acht Jahren Unsicherheit und befristeten Verträgen im Wissenschaftsbetrieb habe ich nun endlich die unbefristete Stelle. Diese Stelle impliziert aber auch mehr Arbeit und u.a. längere Auslandsaufenthalte während der Saison, wodurch ich kein Training durchführen könnte.
  • Eigentlich wollte ich dem TuS nur ein halbes Jahr helfen, indem ich die Mannschaft vor dem Abstieg rette. Nun sind es nach der Saison dreieinhalb Jahre. Und weil der Vorstand noch anderthalb Jahre gewählt ist, stellt sich der Moment – wie bereits erwähnt – als passend heraus: Es wird sich mit meinem „Abgang“ nur ein Teil des Projekts verändern; nicht aber alles. Dies ist auch der Grund, warum ich es dem Team, dem potenziellen Nachfolger auf der Trainerposition, den Partnern, den TultraS und der Öffentlichkeit jetzt und nicht erst am Ende der Saison mitteile. Unser TuS hat ab jetzt fünf Monate Zeit, intensiver zuzuschauen und sich auf die Zeit „ohne“ mich vorzubereiten. Es muss viel gesprochen werden; nicht nur mit mir, sondern vor allem mit denen, die das Projekt ausmachen: den Spielerinnen von Team #1, den TultraS, dem potenziellen neuen Trainer, unseren Partnern, unseren AG-Leitern usw.
  • Der Volleyballsport wird nicht großartig von einem einzigen Verein profitieren, der im Breitensport für Furore sorgt, selbst wenn er das Ziel verfolgt, anderen zu helfen. Ich möchte andere Institutionen, Vereine oder Verbände dabei unterstützen, eine Art „Hertener Modell“ groß zu machen, da ich mir sicher bin, dass diese Philosophie mit Netzwerkgedanken unserer Sportart gut tut! Ich will nach einer Pause gerne neue Projekte in Angriff nehmen.

Ich empfehle dem Verein, ein neues Konzept aufzusetzen. Selbstverständlich helfe ich gerne mit! Das Konzept muss ganzheitlicher werden, denn das Haupt-Produkt ist inzwischen attraktiv. Mit der Marke „Unser TuS“ kann man losziehen, Partner binden und für sportlichen Nachwuchs sorgen. Vor allem müssen aber alle Teams noch stärker an Bord geholt werden. „Unser TuS – unsere Zukunft“ – das könnte in etwa der Claim für das neue Projekt sein. Der TuS muss stärker ausarbeiten, was ihn in Zeiten von Globalisierung und Digitalisierung vom generellen Wandel der Gesellschaft unterscheidet und ihn damit wertvoll macht: reale Begegnungen, soziales Miteinander, Mittelpunkt von Freundschaften usw.

Für unsere bestehenden Partner bleibe ich auch in Zukunft der Ansprechpartner – das habe ich versprochen.

Für meinen Nachfolger auf der Trainerbank habe ich alles vorbereitet. Ihn oder sie erwartet ein sehr einzigartiges Team. Die Spielerinnen der letzten Jahre und der aktuellen Mannschaft sind attraktive Menschen, die liebenswert und selbstlos aufopfernd dem Verein und ihren Mitspielerinnen viel Zeit schenken, um gemeinsam tolle Momente erleben zu können. Der Grund für den Erfolg im TuS Herten heißt keinesfalls „Ferdi Stebner“, sondern Team #1! Der Wille, die Ausstrahlung und die Professionalität, obwohl es eben nur ein Hobby ist, machen die Spielerinnen und damit das Team einzigartig! Ich bin wahnsinnig stolz auf jede einzelne Spielerin und darauf, wie wir uns alle gemeinsam entwickelt haben. Dabei war der gewaltigste Schritt der von der Angst vor dem Verlieren zur Vorfreude auf den Sieg. Damit änderte sich die Spielweise, es kam Erfolg und so konnten TultraS, Fans und Presse beeindruckt werden. Und die gewonnene Professionalität spiegelt sich auch darin wider, dass die Spielerinnen inzwischen schlagartig sehr natürlich lächeln, sobald man im Training sagt: „Video!“ 😉 Damit sich das Team entwickeln konnte, benötigte es ein Team um das Team herum: Svenja Schmidt als Physio, Dr. Jürgen Philipp als Teamarzt, André Chrost als Teamfotograph und seit kurzem auch Udo Jeschke als unser Berater. Euch vielen Dank für Euer ehrenamtliches Engagement!

Ich liebe diesen Verein. Ich liebe das Team. Und ich liebe, was wir da alle gemeinsam in den letzten Jahren geschaffen haben. Ich habe großen Respekt vor den Menschen und ihrer Leistung im Projekt, und so hoffe ich, dass wir in dieser Saison noch viele schöne Momente erleben werden! Ich weiß, dass der „Abschied“ unendlich schwer fallen wird – Unser TuS ist mein Leben!

Nun besteht natürlich theoretisch die große Gefahr, dass sich im TuS und ggf. auch in Team #1 ein ziemlich großer Umbruch vollziehen wird. Ich hoffe sehr, dass dies nicht der Fall sein wird! Ich bitte alle Spielerinnen, Partner, TultraS und Fans, jetzt keine spontanen Entscheidungen zu treffen – steht den neuen Entwicklungen stattdessen bitte mit viel Toleranz und Offenheit gegenüber.

Und so freue ich mich auf die kommenden fünf Monate weitere Vereins- und Trainingsarbeit! Lasst uns die Zeit gemeinsam genießen und jedes Heimspiel mit dem Höhepunkt der Saisonabschlussparty am 8. April nach dem Spiel gegen meinen Ex-Club Bottrop maximal feiern!

Liebe Grüße und vielen Dank für Euer Verständnis

ferdi